Texte von Edward Naujok zu den Bildern von Annamalt
Akrobaten über den Trümmern

Wenn es nichts mehr gibt, außer Trümmer, nichts zu essen, nichts zu trinken, nichts zu lachen, dann wird das Leben zum Tanz auf dem Hochseil – und es hängt auch nur noch an diesem dünnen Faden.

Menschen werden zu Jongleuren, denn nur mit Akrobatik kann man sein Leben in diesem Chaos retten und erhalten.

Es ist schon ein schwieriger Balanceakt und man braucht viel Fantasie, um in Kriegszeiten am leben zu bleiben. Wer das Gleichgewicht in den Trümmern verliert, fällt schnell vom Seil und liegt unten neben den anderen Leichen.

Du fragst, wie diese Stadt heißt und wo dieses Land liegt, das ich gerade beschrieben habe – es gibt viele solcher Städte und das Land hat viele Namen: Afghanistan, Irak, Palästina, Tschetschenien und noch viel mehr Namen. Schalte die Nachrichtensender ein, und du wirst erfahren, in welche Stadt die Akrobaten gerade gezogen sind – in Trümmerland.



Jahr 2005, 100x120 cm, Acryl auf HDF
Alles Blut muss ins Grab

So klar dieser Befehl auch sein mag, im ersten Moment verstehen wir diesen Satz nicht und können uns auch nicht vorstellen, was damit gemeint ist. Soll man diese Worte sinnbildlich verstehen oder sind sie so gemeint, wie sie da stehen.

Das Blut ist doch eine Flüssigkeit und wenn man sich verletzt, tropft es aus dem Körper auf die Erde – soll ich dieses Blut wieder aufsammeln und in meinen Körper zurückstecken? Darf es nicht einfach in der Erde versickern?

Die Frage ist auch, wer gibt diesen Befehl und auf welche Gesetze beruft man sich.

Die Szene spielt in Israel und es geht um eins der biblischen Gesetze. Die orthodoxen Juden nehmen diesen Satz aus der Tora wörtlich und fühlen sich verpflichtet, den ganzen Körper in das Grab zu packen.

Was sich einfach anhört, ist jedoch im Jahr 2004 schwierig zu praktizieren – denn es ist ein unerklärter Krieg im Land und es gibt viele Bombenanschläge. Bei diesen Attentaten werden die Körper in Stücke gerissen und in einem großen Umkreis verstreut. Was einmal ein menschliches Ganzes war ist in Einzelteile zerrissen und hat sich mit anderen Leichenteilen und Sand vermischt.

Die streng gläubigen Juden fühlen sich aber an ihre religiösen Vorgaben gebunden und versuchen, trotz aller Schwierigkeit, die für sie heiligen Worte zu erfüllen. Im Bild können wir drei weiß gekleidete Personen in neongelben Westen erkennen. Es sind Angehörige der Organisation „ZAKA“, die nach einem Terroranschlag die Leichenteile einsammeln. Auch alles Blut wird aufgewischt und die Lappen in Plastiksäcke gesteckt.

Später werden die einzelnen Körperteile und auch die blutigen Wischtücher in einem Labor auf ihre DNA untersucht und sortiert. Erst nach dieser Zuordnung können die Plastiksäcke beigesetzt werden und das Gewissen der streng Gläubigen ist beruhigt.



Jahr 2004, 210x180 cm, Acryl auf HDF
Der Puppenspieler sitzt im Parlament

Die Regierung hat die Bevölkerung zur Wahl aufgerufen. So etwas gab es noch nie in diesem Land am Hindukusch und zum ersten Mal in der Landesgeschichte dürfen auch die Frauen ihre Stimme abgeben.

Doch das von der Übergangsregierung eingeführte neue Wahlrecht birgt auch neue unbekannte Probleme in sich. Wem soll man seine Stimme geben und hat man wirklich die freie Wahl, sich für den einen und gegen den anderen zu entscheiden?

Besonders für die Frauen ist es ein schwieriger Spagat zwischen Tradition und neuer Freiheit. Dürfen sie wirklich eine eigene Meinung abgeben, wo sie doch noch nicht einmal ein Mitbestimmungsrecht bei der Wahl ihres Ehemannes haben? Und dürfen sich die Männer wirklich gegen die Vorgabe des Clan-Chefs entscheiden?

Die Lautsprecherwagen fahren durch die Straßen von Kabul und rufen die Namen der Kandidaten aus. Am meisten werden diejenigen genannt, die schon jetzt in der von der Besatzungsmacht eingesetzten Übergangsregierung sitzen.

Doch dieses Wahlspektakel ist eher für die westlichen Medien inszeniert, als dass sich die Menschen in Afghanistan davon beeinflussen ließen. Ihre Entscheidung ist schon seit Geburt und durch Familienzugehörigkeit bestimmt, man könnte auch sagen fremdbestimmt, und die Vertreter der großen Familienclans sitzen schon im Parlament.

Wer ein Kreuz auf einen Zettel machen darf, ist damit nicht automatisch ein frei denkender Mensch.



Jahr 2005, 100x120 cm, Acryl auf HDF
Deutschland im Sommermärchen

Die Fußballweltmeisterschaft 2006 versetzte große Teile der deutschen Bevölkerung in einen politischen Sommerschlaf. Es schien so, als ob sich ein ganzes Volk mit Hilfe von Bratwurst und Spielen zu einem gemeinsamen, nationalen Ziel gefunden hätte - die Fußballweltmeisterschaft zu gewinnen.

Überall auf den Straßen traf man Menschen in den Nationaltrikots der deutschen Mannschaft und an tausenden von Autos flatterten schwarz-rot-goldene Fähnchen. Wer ins Fußballstadion ging, schmierte sich vorher schwarze, gelbe und rote Farbe ins Gesicht.

Die Scham der Väter, Flagge zu zeigen, weil sie einmal mit der Fahne voran in einen großen Krieg marschiert sind, war über Nacht einfach verflogen. Gemeinsam jubeln, Spaß haben und sich besaufen, schafft eben ein Zusammengehörigkeitsgefühl der besonderen Art – der Verstand fällt irgendwie ins Koma oder vielleicht ist es auch so, dass man beim Kauf einer Fahne mit dem Verstand bezahlen muss.

Viele sagen, aber es geht doch nur um ein Fußballspiel, bei dem der Gegner aus einem anderen Land zu schlagen ist. Dass die Regierung gleichzeitig Truppentransporter mit Soldaten nach Afghanistan und in den Libanon schickt und nebenbei die Mehrwertsteuer erhöht, nimmt die jubelnde Menge in ihrem Sommernachtstraum gar nicht wahr.

So wickelt man Menschen in eine Fahne und holt sie ab, ohne dass sie aus ihrem Tiefschlaf erwachen. Und wenn sie nicht gestorben sind, schlafen sie noch heute.



Jahr 2007, 220x240 cm, Acryl auf HDF
Die Armen und nochmals Amen

Der Glaube ist das einzige, das die Menschen in diesem afrikanischen Land besitzen und die Kirche ist immer an ihrer Seite und sagt zu allem „so sei es“.

Einen Sarg zur Bestattung ihrer Toten können sie sich nicht leisten, denn sie brauchen jeden Cent zum Überleben. So schieben sie ihre Leichen auf Schubkarren an den Rand des Dorfes, um sie in einem Massengrab beizusetzen. Außerdem gab es so viele Tote, dass gar keine Zeit wäre, tausende Särge zu zimmern.

Die im Bild dargestellte Szene hätte sich so beim Völkermord in Ruanda abspielen können. Hutu Milizen hatten hunderttausende von Tutsis mit Macheten abgeschlachtet. Obwohl beide Bevölkerungsgruppen Christen sind, verhielt sich die katholische Kirche aus Machtinteresse nicht neutral, sondern hielt eher den regierenden Hutus bei.

Tausende von Tutsis flüchteten sich in die Kirchen und Klöster, von denen sie Schutz erwarteten. Doch ihr Glaube wurde zur Falle, denn die Hutu Milizen hatten nun leichtes Spiel, hunderte Menschen auf einmal umzubringen. Es gab auch Nonnen und Priester, die die Tore ihrer Kirchen für die Mörderbanden geöffnet haben.

Ein belgisches Gericht hat Jahre später zwei katholische Nonnen der Beihilfe zum Völkermord schuldig gesprochen.



Jahr 2005, 210x180 cm, Acryl auf HDF
Die durch den Himmel gehen

Das Bild zeigt uns nur einen kleinen Ausschnitt vom Himmel. Vielmehr sehen wir eine Stadtansicht aus Glas und Beton. Vielleicht eine Fußgängerzone irgendwo auf der Welt. Im Bildvordergrund erkennen wir Gestalten, die sich in dieser Einkaufsmeile bewegen und die Frage stellt sich, durch welchen Himmel gehen die Menschen.

Sicher nicht durch den Himmel, den wir sehen, wenn wir nach oben schauen. Gemeint ist der persönliche Himmel als Symbol für Glück und Lebenserfüllung. Da diese individuellen Gefühle sehr mit den Wertvorstellungen der einzelnen Personen einhergehen, gibt es auch keinen gemeinsamen Himmel, sondern tatsächlich mehrere Himmel.

Für die einen ist Konsum und Shopping der Himmel auf Erden und für andere ist diese Weltsicht mit ihren Wertvorstellungen verwerflich, nicht akzeptabel, und aus ihrer Sicht auf den Himmel gehört so eine Lebenseinstellung sogar zerstört.

Wegen dieser unterschiedlichen Gefühls- und Wertewelten existieren auch ganz unterschiedliche himmlische Vorstellungen.

Da die Wertesysteme und Vorstellungen nicht tolerant zueinander sind, gibt es Konflikte und es kommt zum Krieg der Wertewelten, der dann nicht nur die Gedanken, sondern auch die Körper und materiellen, realen Leben betrifft.

Das Bild nimmt Bezug auf diese unterschiedlichen Welten in den Köpfen und die Wunschvorstellungen der Menschen. Die Fassaden der Konsumtempel sind sichtbarer Ausdruck eines Wertesystems.

Wir schauen auf die Personen im Vordergrund und erkennen verschleierte und gewandelte Gestalten und wissen, die Szene spielt in irgendeiner Großstadt im Orient.

Wenn wir genau hinsehen, erkennen wir einen Sprengstoffgürtel am Leib der rot verschleierten Frau. Ihr Begleiter rechts daneben trägt ebenfalls einen Sprengstoffgürtel und wir wissen, diese Menschen machen keinen gemütlichen Einkaufsbummel, sondern sind Selbstmordattentäter, die bereit sind, für ihre Ideale und Vorstellungen zu sterben.

Sie sind auf dem Weg, durch Himmel zu gehen – die Menschen um sie herum, auch wenn sie nicht sichtbar sind, gehen schon durch ihren Himmel, auch wenn dieser ein ganz anderer ist.

Das Bild könnte auch heißen, die durch die Himmel gehen.



Jahr 2003, 220x240 cm, Acryl auf HDF
Die neue Freiheit kommt per Luftballon

Seifenblasen, Luftballons, Windeier oder Luftschlösser haben eins gemeinsam: sie sind hohl, zerplatzen schnell und dann hat man nur noch Luft in der Hand – also gar nichts.

Versprechen der Regierungen auf Frieden und die Hoffnung der Menschen auf Freiheit erweisen sich ebenfalls oft als Seifenblasen, die beim Aufschlag in alle Regenbogenfarben zerplatzen. Oft wechselt nur die Uniform ihre Farbe und die Menschen gehen leer aus.

Manchmal bekommen die Menschen nach einem Machtwechsel Dinge geschenkt, mit denen sie gar nichts anfangen können, eine neue Kultur nach dem Motto – friss oder stirb.

Es ist auch so, dass die neue Freiheit fast immer mit den Panzern gebracht wird. In der linken Bildseite können wir diesen Panzer erkennen, wie er aus luftigen Höhen mittels Fallschirmen - oder sind es Luftballons – auf einem Hochplateau in Afghanistan schwebt.

Damit sich die Menschen vor den Panzern nicht allzu sehr fürchten und an die guten Absichten der Panzerführer glauben, schmeißt man gleichzeitig gelbe Care-Pakete vom Himmel. Im Bildvordergrund sehen wir drei afghanische Frauen, die so ein Lebensmittelpaket gefunden haben. Die Nationalflagge zeigt den Absender des Geschenks.

Nur die drei Frauen wissen nicht, was sie mit diesem Paket anfangen sollen oder könnten. So einen gelben Plastikbeutel haben sie noch nie in ihrem Leben gesehen und die Schrift ist in einer Sprache, die sie nicht lesen können.

Soll das die neue Freiheit sein, von der sie im Radio gehört haben?



Jahr 2003, 210x240 cm, Acryl auf HDF
Die Sieger gehen baden

Wir schauen auf einen Pool in einem orientalischen Hotelkomplex. Die Vorstellung von ungestörtem Badevergnügen scheint jedoch gestört, denn wir sehen auch einen Soldaten mit Gewehr am Eingang postiert. Offenbar bedarf das Sicherheitsgefühl in diesem Bereich eines besonderen militärischen Schutzes.

Auch am oberen rechten Beckenrand ist ein Wächter und wir können abgelegte Kleidungsstücke und eine Maschinenpistole erkennen. Es sind Armeeangehörige, die hier schwimmen gehen – denn es ist das Privileg der Sieger, sich nach dem Kampf in den eroberten Gebäuden und Gebieten zu vergnügen.

Endlich kann man sich das Blut, das an den Händen klebt, abwaschen.

Die Verlierer haben keinen Zutritt in diese Oase des Vergnügens. Sie können sich mit Sand waschen, denn in Kriegszeiten sind Wasser und Lebensmittel streng rationiert und zuerst nehmen sich die Sieger ihren Anteil, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen – dafür leitet man schon mal die Wasservorräte in den Swimmingpool.

Aber so lange man seine Privilegien mit Gewehren schützen muss, ist der Krieg nicht vorbei, auch wenn die Sieger das Kriegsende ausrufen.

Die Geschichte des Jahres 2004 offenbart die Doppeldeutigkeit des Titels.



Jahr 2004, 230x210 cm, Acryl auf HDF
Ein unmögliches Familienfest

Die Familie hat zum großen Fest eingeladen. Doch vielen Verwandten ist es unmöglich, dieser Einladung zu folgen. Grenzen, Mauern und die Willkür der Besatzungsmacht Israel verhindern ein Treffen der israelisch-palästinensischen Großfamilie.

So wie einst die Berliner Mauer Familien in Deutschland geteilt hat, verhindert heute die israelische Mauer das Zusammenkommen der Familienmitglieder in Palästina oder Israel.

Entfernungen von wenigen Kilometern werden zu einer strapaziösen Reise mit Demütigungen und unüberwindbaren Hindernissen. Am Ende versperrt ein Checkpoint den Weg zur Familie.

Angehörigen mit einer israelischen Staatsangehörigkeit ist die Einreise in das besetzte Palästinensergebiet untersagt und ein Fest auf israelischer Seite muss ohne die palästinensischen Verwandten gefeiert werden. Denn diese erhalten keine oder nur selten eine Aufenthaltserlaubnis.

Oft bleibt nur die gemeinsame Feier im Ausland – doch auch hier wird die Hälfte der Familie fehlen, da der Grenzübergang mal wieder geschlossen ist.

So muss – hinter Mauern – jeder für sich das unmögliche Familienfest feiern.



Jahr 2004, 340x120 cm, Acryl auf HDF
Eine Gesellschaft geht auf Stelzen

Sie stelzen durch eine zerschossene Stadt, überall nur Trümmer und die Kugeln haben nicht nur die Steine zerschlagen.

Einigen wachsen die Stelzen ganz von selbst und sie können sich mit ihren dünnen langen Beinen über die Trümmer bewegen.Andere müssen sich Stelzen machen, um sich irgendwie über das Elend zu erheben und weiter zu gehen. Hin zu dem Tag, an dem man wieder mit beiden Füßen auf der Erde stehen kann.

Diese Stadt ist voller Stelzengänger und nur die Toten kommen ohne dieses Hilfsmittel aus und auf dem flachen Land sieht es auch nicht anders aus.

Du fragst, wie diese Stadt heißt und wo dieses Land liegt, das ich gerade beschrieben habe – es gibt viele solcher Städte und das Land hat viele Namen : Afghanistan, Irak, Palästina, Tschetschenien und noch viel mehr Namen. Schalte die Nachrichtensender ein, und du wirst erfahren, in welche Stadt die Stelzengänger gerade gezogen sind – in Trümmerland.



Jahr 2005, 100x120 cm Acryl auf HDF
Entweder sie schmeißen Bomben oder kommen mit Bagger

Wo Bomben geworfen werden, bleibt kein Stein auf dem anderen. Tiefe Krater entstehen und ganze Landstriche werden dem Erdboden gleich gemacht.

Die Bagger dagegen sind eher ein Symbol des Wiederaufbaus und für den Neubeginn. Auch sie verursachen große Erdbewegungen, allerdings mit dem Ziel, Wohnraum und Straßen zu schaffen.

In Kriegs- und Nachkriegsgebieten wird das Normale oft ins Gegenteil verkehrt und aus Baggern werden Bomben, denn die schweren Räumgeräte werden auch eingesetzt, um Häuser und Lebensraum zu zerstören.

Auf der linken Bildseite können wir die Baggerschaufeln erkennen und uns vorstellen, wie sie ihre Arbeit verrichten. Im Hintergrund sehen wir eine riesige Befestigungsanlage mit Wachtürmen und patrouillierenden Soldaten. Man könnte denken, diese Festung sei aus dem Mittelalter übriggeblieben, aber die Szene ereignet sich im Jahr 2004 in Palästina, und die aus Betonplatten errichtete Anlage ist die sogenannte Sperrmauer, die Israel errichtet hat.

Wie in allen besetzten Gebieten gilt auch hier in Palästina das Recht des Stärkeren und es kommt zu Landnahme und Enteignungen der Bewohner. Die Häuser, die einst der Errichtung des Sperrzauns im Wege standen, wurden von Baggern abgerissen und die über 200 Jahre alten Olivenbäume, die schon ganze Generationen ernährt haben, sind umgewälzt worden.

Der Bauer im Vordergrund lehnt sich an den Stumpf eines ausgerissenen Olivenbaums. Er ist erschüttert und selbst am Boden zerstört, denn er weiß nicht mehr, wie er seine Familie ernähren soll.



Jahr 2004, 210x180 cm, Acryl auf HDF
Familienfotos weinen nicht

Auf Familienfotos gibt es keine Tränen zu sehen. Sie zeigen immer lächelnde Gesichter. Es sind die Angehörigen, die beim Anschauen Tränen vergießen. Sei es aus Freude oder aus Trauer.

Die Frau auf dem Bild hält ein Foto ihres Liebsten hoch – sei es Mann oder Kind – doch weinen kann sie nicht mehr, denn sie hat schon längst alle Tränen vergossen. Tod, Verlust, Verzweiflung sind in Kriegszeiten an der Tagesordnung.

Neben ihr sitzen noch andere Frauen mit einem Bild auf der Straße. Sie alle stellen eine Frage: wer hat meine Liebsten gesehen und lebt er noch oder ist er tot? Diese Ungewissheit ist unerträglich und treibt einen in den Wahnsinn.

Die lachenden Gesichter auf den Fotos, oft sind es Hochzeitsfotos, sind verschwunden. Denn es ist nichts mehr wie es früher war. Die Männer sind tot oder verschwunden. Die Häuser sind zerstört und es gibt kaum etwas zu essen. Die Zukunft und die Wünsche auf ein glückliches Leben sind zerschlagen.

Auch das eigene Leben der Frau auf dem Bild wurde so oft bedroht, dass es ihr vollkommen egal ist, wenn ein Soldat seinen Gewehrlauf an ihre Schläfe drückt.



Jahr 2004, 70x90 cm, Acryl auf HDF
Feinde an meinem Tisch

Der Titel weist auf eine ungewöhnliche Situation hin, die Unangenehmes und Gefahr beinhaltet.

Auf dem Tisch liegt eine Hand, die wirkt, als hätte sie aufgegeben, nach irgendetwas zu greifen. Vielleicht gehört sie zu einem toten oder bewusstlosen Menschen am Tisch. Von der rechten Bildseite her schiebt sich eine zweite Hand mit einer Maschinenpistole ins Bild.

Der Tisch und das Zimmer, in dem er sich befindet, scheint Schauplatz einer höchst bedrohlichen Situation zu sein. Wir können nicht erkennen, wer der Feind am Tisch ist und welche der Hände zu ihm gehört. Nicht nur die Maschinenpistole, sondern auch die Grundfarbe des Bildes – dieses Smaragdlichtgrün, das wir aus der Kriegsberichterstattung des Fernsehens her kennen, weisen auf eine Kriegsszene hin.

Es ist Nacht in diesem Kriegsgebiet und die Nacht ist eigentlich nicht die aktive Zeit der Menschen. Ohne technisches Gerät würden sie sich in der Dunkelheit nur schwer zurechtfinden. Das Nachtsichtgerät lässt alle Farben, auch die des Blutes, grün erscheinen. Ganz anders ist es bei nachtaktiven Tieren - ihre Augen erkennen im Restlicht alles.

In der Mitte des Bildes unterhalb der Tischkante entdecken wir eine Katze. Sie bewegt aufgeregt ihren Schwanz. Ein Zeichen dieser Haustiere, dass ihnen diese Situation gar nicht gefällt. Denn dieses Zimmer und dieser Tisch gehört zu ihrem Bereich, ist ihr Haus. Sie sieht alles ohne Nachtsichtgerät und diese Hauskatze spricht auch den Titel des Bildes.

Wir vergessen sehr oft, dass im Krieg nicht nur Menschen sterben, sondern auch das Leben und der Lebensraum von Tieren in gleicher Weise bedroht ist.



Jahr 2004, 100x120 cm, Acryl auf HDF
Freiheit versprochen

Einst hat man sie in Bronze gegossen oder überlebensgroß in Stein gemeißelt, die großen Führer und Helden der Nation. Was haben sie dem Volk nicht alles versprochen, von Freiheit und Gleichheit war die Rede, Arbeit, Brot und ein besseres Leben für alle sollte es geben.

Tausende sind den schönen Worten hinterhergelaufen und haben die Redner dafür bejubelt, aber keines ihrer Versprechen wurde erfüllt.

Jetzt liegen ihre Statuen umgekippt auf den Plätzen der Stadt herum. Der Ruf nach Freiheit ist verstummt, denn die neuen Machthaber sorgen mit Hilfe des Militärs für Ruhe und Ordnung in den Straßen.

Eigentlich ist alles wieder wie vor der Revolution, nur die Friedhöfe sind voller und auf die alten Sockel hat man neue Statuen gestellt.



15 : 7

15 : 7 ist das Ergebnis eines amerikanischen Footballspiels und im Vordergrund können wir die Spieler erkennen, wie sie schieben und drücken und um den Ball kämpfen.

Das Gedränge findet in einer Arena statt, die aus einem Konferenztisch gebildet wird. An diesem Tisch sitzen ganz wichtige Leute. Sie sitzen nicht einfach so herum und schauen sich das Spiel an. Nein - sie spielen ihr eigenes Spiel um Macht in der Welt. Dabei wird genauso geschoben und gedrückt wie beim Football. Nur müssen sie sich kaum bewegen und schwitzen auch nicht so stark wie die Sportler.

Am Ende des Spiels brauchen sie nur die Hand zu heben und das Ergebnis steht fest. Es lautet auch 15:7.

Anders als bei den Footballspielern wird dieses Ergebnis die Welt verändern, denn die Männer am Konferenztisch sind Mitglieder des Weltsicherheitsrates und ihr Sitzungsresultat entscheidet über Krieg und Frieden.

Wie bei jedem Spiel gibt es auch hier einen großen Star. Den sehen wir in der Mitte des Bildes. Er tischt uns einen schönen Braten auf – aber Vorsicht – bei seinem Krokodilsgesicht können wir uns denken, dass wir selbst gefressen werden, wenn wir diesem Braten zu nahe kommen.

Das Bild beschreibt den Besuch von Busch bei den US-Streitkräften im Irak 2003.



Jahr 2003, 220x240 cm, Acryl auf HDF
HALT – Grenzübergang geschlossen

Es ist Weihnachten und wir schauen auf die Stadt Bethlehem im Heiligen Land. Überall in der Welt wird in diesen Tagen die Weihnachtsgeschichte vorgelesen und Millionen Menschen auf der Erde sprechen von Bethlehem.

Nur liegt diese Stadt heute in einem besetzten Land und ist mit Stacheldraht und Betonmauern von der Welt abgeriegelt. An den wenigen Übergängen stehen Soldaten mit Maschinengewehren, und wenn sie nicht wollen oder Order von oben haben, kommt niemand mehr über den Grenzübergang – auch nicht der Weihnachtsmann.



Jahr 2006, 100x120 cm, Acryl auf HDF
Hürdenlauf zur Freiheit

Die Einen laufen vor etwas weg, die Anderen laufen zu etwas hin. Doch die Bewegung und die Anstrengungen sind gleich, wenn man um sein Leben laufen muss. So oder so, raus aus diesem Trümmerhaufen, wo es keine Chance des Überlebens mehr gibt.

Die Hürden hin ins Freie sind ein richtiges Hindernis und man muss hoch springen, um sie zu überwinden und viele werden das Ziel nicht erreichen. Außer Kraft und Geschick braucht man auch Glück, damit einen die nächste Kugel nicht erwischt.

Und auf dem Weg in die Freiheit stolpern auch viele über die Hürden, die sie selbst aufgestellt haben. Auch wer die Trümmer schon überwunden hat, ist noch lange nicht im Ziel.

Du fragst, wie diese Stadt heißt und wo dieses Land liegt, das ich gerade beschrieben habe – es gibt viele solcher Städte und das Land hat viele Namen: Afghanistan, Irak, Palästina, Tschetschenien und noch viel mehr Namen. Schalte die Nachrichtensender ein, und du wirst erfahren in welche Stadt die Hürdenläufer gerade gezogen sind - in Trümmerland.



Jahr 2005, 100x120 cm, Acryl auf HDF
Im Gleichschritt VOR
Es ist seit Jahrtausenden immer wieder die gleiche Geschichte. Vom Vater auf den Sohn, und von dem auf seinen Sohn, wird das Schwert weitergereicht.

Heute ist es natürlich eine Kalaschnikow, die an die nächste Generation weitergegeben wird. Aber egal welche Waffe, es geht immer um den Willen und die Bereitschaft zu töten. Die Kriegsgründe wechseln dabei genauso wie die Uniformen der neuen Krieger. Könige und Regenten fanden und finden immer einen Grund, die Bevölkerung in den nächsten Krieg zu schicken.

Wenn das Volk einmal kriegsmüde ist, weil die Witwen noch ihre gefallenen Ehemänner und Söhne aus dem letzten Krieg beklagen, ruft die Regierung einfach die Wehrpflicht aus.

Und ob sie wollen oder nicht, jeder wehrfähige Mann muss an die Front. Und es dauert nicht lange, dann wird wieder ein Kriegerdenkmal errichtet, auf dem steht: Deutschland muss leben - auch wenn wir dafür sterben müssen.



Jahr 2014, 220x240 cm, Acryl auf HDF
Karawanen ziehen zum Wohlstand
Seit Tausenden von Jahren ziehen die Karawanen durch die Wüstenstaaten des Nahen und Mittleren Ostens. Die weiten Handelswege brachten den Bewohnern der Staaten einst Reichtum und Wohlstand, aber auch ebenso viele Auseinandersetzungen und Kriege beim Kampf um die wertvollen Güter. Auch in unserer Zeit bestimmt die Ware, das Öl, das Schicksal dieser Wüstenregionen.

In der hinteren oberen Hälfte des Bildes erkennen wir eine Ölraffinerie mit ihrer typischen Erdgasfackel. Die Fabrik leuchtet, als wäre sie selbst der Sonnenaufgang und wollte den neuen Tag erhellen. Ansonsten scheint der Himmel verdunkelt. Unterhalb der Raffinerie sehen wir die Kamele nach Osten ziehen. Aber auf der gleichen Straße ziehen auch Panzerkolonnen nach Westen. Diese gegensätzliche Bewegung und die unterschiedlichen Transportmittel bedeuten Krieg in diesem Land. Die Panzer bringen nur eine Ware – den Tod.

Im Bildvordergrund sehen wir zwei Soldaten am Lagerfeuer. Gibt es eine Kriegspause? Ist es Nacht oder ist der Himmel durch Pulverrauch verdunkelt? Was auf den ersten Blick gemütlich aussieht, kann auch die Ruhe vor dem Sturm sein. Oder ein paar Minuten Erholung zwischen den Gefechten, die man nutzen muss, um seine Stiefel vom Schweiß zu trocknen und sich mit einem Gespräch neuen Mut zu machen. Das Gewehr wird jedoch nicht aus der Hand gelegt und es ist auch keine Zeit, die Uniform auszuziehen.

Denn es geht darum, die Handelswege zu erobern und den Wohlstand zu sichern.



Jahr 2004, 220x240 cm, Acryl auf HDF
Keine Einreise für die Liebe
Was sich nach einem Titel für ein absurdes Theaterstück anhört, ist in Israel traurige Wirklichkeit.

Nach dem israelischen Ehegesetz sind Mischehen zwischen Israelis und Palästinensern unerwünscht und ein dauerhaftes Zusammenleben der Eheleute auf israelischem Territorium verboten. Da der palästinensische Partner keine ständige Aufenthaltserlaubnis erhalten kann, ist ein gemeinsames Familienleben nur möglich, wenn der israelische Ehegatte Israel verlässt und mit seinem Partner nach Palästina oder in ein anderes Land auswandert. Für den israelischen Teil des Paares bedeutet dieser Schritt letztendlich den Verlust der israelischen Staatsbürgerschaft.

Da dieses Gesetz nur für Ehen zwischen Israelis und Palästinensern gilt und nicht für Mischehen, bei denen der Ehepartner aus irgendeinem anderen Land der Welt kommt, ist es ein klassisches Rassengesetz, das sich auf eine bestimmte Volkszugehörigkeit und Nationalität bezieht. Die Vertreibung der Braut bzw. des Bräutigams von israelischem Boden stellt einen Verstoß gegen die internationalen Menschenrechtsgesetze und Verträge dar, die auch Israel unterzeichnet hat.

Wenn in diesem Land sogar der Liebe die Einreise verweigert wird, wie soll es da zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israel und Palästina kommen?



Jahr 2007, 220x240 cm, Acryl auf HDF
Kinderstube der NATION
Wer die Tapferkeit mit der Muttermilch aufsaugt, der wird schon als Kind auf eine Schiene gestellt, von der es nur wenige Abzweigungen gibt. Begriffe wie Heldenmut, Gehorsam, Opferbereitschaft oder für höhere Ziele zu kämpfen, werden ihn ein Leben lang begleiten.

An Festtagen wird ihm von seiner Familie auf dem Reservistenteller seines Großvaters Tradition und Ordnung serviert. An Sonntagen singt ihm der Priester das hohe Lied der ewigen Werte in sein Ohr und an den Wochentagen lehrt ihn sein Lehrer, daß man gehorchen muss und für Freiheit und Frieden zu kämpfen hat. So weiß er als kleiner Junge schon ganz genau, wer der Gute ist und das der Böse ausgelöscht werden muss. Da wundert es nicht, daß er seinen geliebten Teddybär mit der Spielzeugpistole erschießt, wenn dieser sich daneben benommen hat.

Mit einem lauten Knall aus der Startpistole beendet er seine Kindheit, um fortan mit ganzer Kraft im sportlichen Wettkampf für die Nation zu siegen. Klatschend bejubelt die Menge seine Willensstärke und sein Kämpferherz und im Glanz der schwarzrotgoldenen Fahne steht er stramm auf dem Podest der Sieger und stimmt in die Nationalhymne ein, die seine Förderer für ihn spielen. Als Belohnung erhält er eine schöne Medaille am Bande.

Im Laufe der Jahre ist ihm das Kämpfen für wen oder was auch immer in Fleisch und Blut übergegangen. So steht seiner Karriere als Soldat nichts mehr entgegen und er gelobt ewige Treue für Gott und Vaterland.

Als die Medien tagtäglich zur Rettung der Welt aufrufen, ist er froh, endlich seine Tapferkeit beweisen zu können und zieht ganz in der Tradition seines Großvaters in den nächsten Krieg.



Jahr 2011, 100x120 cm, Acryl auf HDF





Die Komplette Ansicht der Serie finden Sie hier: --> Malerei <--
Knarren im Mohn
Wer schon einmal durch ein Schlafmohnfeld gegangen ist, ahnt nichts Böses. Dieses Meer aus zartrosa Blüten, das im Wind leicht knarrt, hat mehr von einem Traum als dass es Angst verbreitet.

Und doch – der Krieg macht vor keiner Landschaft halt. Egal wie friedlich oder romantisch sie auch wirken mag und welche Gefühle die Gegend bei den Menschen hervorruft.

Das im Bild dargestellte Mohnfeld liegt in Afghanistan und in diesem Land herrschen stürmische Zeiten – es ist Krieg. Die Blütenpracht ist zerzaust und das Knarren wird von Explosionslärm übertönt.

Wir sehen einen Soldaten, der im Mohnfeld Deckung genommen hat. Um ihn herum wird heftig gekämpft. Auf der linken Bildseite erkennen wir eine Maschinenpistole, deren verschossene Patronenhülsen in der Bildmitte nach oben fliegen. Auf der rechten Bildseite steht ein Kämpfer, der mit einer Pistole zurückschießt.

Das Blütenmeer ist niedergetrampelt und aus dem Knarren der Mohnhalme sind die Knarren in den Händen der Soldaten geworden.

In diesem Jahr wird es auf dem Feld keine Ernte geben. Die Erde muss erst einmal von Blut, Gewehrhülsen und Minen gesäubert und neu kultiviert werden.



Jahr 2004, 180x140 cm, Acryl auf HDF
Mit jeder Rakete kommt ein Geschenk
Das hört sich makaber an, denn jeder weiß doch, Raketen bringen nur eins – den Tod, und ob so ein Tod ein schönes Geschenk ist, darf man bezweifeln.

Moderne Kriege werden aber nicht nur mit Gewehren und Kanonen geführt, sondern genauso mit Worten und Versprechungen. Denn Vorstellungen und Wünsche der Menschen sind auch ein Kriegsfeld, das die Kriegsparteien nutzen, um Menschen zu rekrutieren und für ihre Ziele gefügig zu machen.

Bei dieser Art der Kriegsführung kommt es tatsächlich vor, dass beides zusammen vom Himmel fällt – Raketen und Geschenke.

Man nennt diese Aktionen dann humanitäre Hilfe.

Die Pakete liegen dann in und neben den Bombentrichtern und Leichen. Durch ihre gelbe Farbe sind sie weithin sichtbar und sollen die Menschen zum Aufnehmen locken.

Die Frau auf dem Bild wundert sich über den Inhalt des Paketes – es ist nur ein Pulver darin, das sie noch nie gesehen hat und weiß nicht, was das soll und sie begreift auch nicht, dass der Absender auf der Außenseite wichtiger ist als der Inhalt dieses Paketes. Denn sie ist zuerst die Visitenkarte der neuen Landesherren, die sich vorstellen.



Nach Ladenschluss
Die Kassiererin hat ihre Arbeit beendet und der Filialleiter den Verkaufsraum abgeschlossen. Bevor sie nach Hause gefahren sind, wurden noch die abgelaufenen Lebensmittel und beschädigten Waren in den Container geworfen und somit entsorgt.

Kunden und Autos haben den Parkplatz des Supermarktes verlassen und die Neonreklame erleuchtet nur noch eine Asphaltfläche mit den abgestellten, leeren Einkaufswagen.

Jetzt ist die Zeit der Ärmsten in der Gesellschaft gekommen, ihre Chance zu nutzen und sich am Container zu bedienen. Mit einem bisschen Glück kann man hier fast alles finden, von Gemüse bis hin zu Konserven jeglicher Art. Auch Spezialitäten und Delikatessen liegen manchmal im großen Abfallbehälter.

In den Überflussgesellschaften, wie z.B. Deutschland eine ist, wird so viel produziert und importiert, dass Dinge sehr schnell veralten, als unverkäuflich angesehen und weggeworfen werden. Außerdem muss die Produktion hochgehalten werden, damit die Wirtschaft floriert.

Wenn es dunkel geworden ist, kommen die Armen und Obdachlosen zum Parkplatz des Einkaufszentrums und suchen im Container nach etwas Brauchbarem. Das Glück dieser Menschen liegt tatsächlich im Eimer – aber was soll es – das Glücksgefühl macht keinen Unterschied zwischen arm und reich.



Jahr 2009, 220x240 cm, Acryl auf HDF
Ohne Wäsche kein sauberes Leben
Wer will schon ungewaschen, verschwitzt oder verdreckt durchs Leben gehen. Niemand – daher gilt dieser Satz für fast alle Länder und Kulturen.

Sich zu waschen, ein Bad zu nehmen oder unter die Dusche zu stellen ist aber nicht nur ein persönliches Bedürfnis, sondern auch ein kultureller Anspruch. Viele Kulturen haben vor religiösen Handlungen Reinigungsrituale gesetzt, mit denen Geist und Gedanken gesäubert werden sollen.

Das Waschen beginnt schon direkt nach der Geburt, wenn wir vom Blut unserer Mutter gesäubert werden und endet auch nicht mit dem Tod. Die Verstorbenen werden von ihren Angehörigen vor der Beisetzung gewaschen und geölt oder gesalbt. Sie sollen sauber von dannen gehen.

Das Bild zeigt uns aber keine sauberen frisch gewaschenen Körper, sondern Knochen und Schädel. Flinke Hände mit Gummihandschuhen sortieren die Knochen und waschen den Dreck in einer Schüssel mit Wasser ab.

Die Begebenheit spielt sich in Bosnien ab. Da wurde nach Krieg und Vertreibung ein Massengrab mit vielen Skeletten gefunden. Diese werden von Helfern gereinigt, sortiert, um dann einzeln beigesetzt zu werden. Auch die im Grab gefundenen Schuhe werden geputzt und dem entsprechenden Knochenhaufen beigelegt. So wie die Soldaten einst sauber mit geputzten Schuhen in einen dreckigen Krieg gezogen sind, so sollen sie auch sauber ins Grab gelegt werden.

Die Arbeit muss gemacht werden, denn das Gesetz der Sauberkeit wirkt über den Tod hinaus fort. Ohne sauberen Tod gibt es auch kein sauberes Leben für die , deren Herz noch schlägt.



Jahr 2004, 70x90 cm, Acryl auf HDF
Orden rollen zum nächsten Krieg
Sie haben ihre Uniform wieder aus dem Schrank geholt und die Verdienstorden angesteckt. Voller Stolz rollen sie mit ihren Rollstühlen in der vordersten Reihe einer Militärparade und lassen sich feiern. Am liebsten würden sie aufspringen und wie einst mit strammem Schritt in Reih und Glied mitmarschieren! Nur das geht nicht mehr. Seit man ihnen in den Arsch geschossen hat, sind sie an die Rollstühle gebunden. Doch ihre Kampfbereitschaft hat durch die Verletzungen nicht gelitten und wenn sie die Wahl hätten, würden sie alles nochmal so machen und sich freiwillig zum Dienst für die Nation melden.

Den Kindern erzählen sie von ihren Heldentaten und den fremden Ländern, in denen sie gekämpft haben. Sie zeigen jedem ihre Orden und goldenen Abzeichen, ohne zu sagen, wie viele Menschen für dieses Stück Metall getötet wurden.

Mitleid und Trauer empfinden sie nur für Menschen in gleichen Uniformen und wenn überhaupt, haben sie nur ihre eigenen Toten gezählt. Aber dass sie im Leben etwas falsch gemacht haben, darauf kommen sie nicht. Selbst nachdem sie dem Tod nur um ein paar Zentimeter entgangen sind, sind sie wieder bereit, sich von den Mächtigen im Land in den Arsch treten zu lassen.

Am Straßenrand stehen noch viele andere Unbelehrbare, die freudig ihre Fähnchen schwenken und den nächsten Krieg herbeijubeln. Ihnen ist gar nicht bewusst, dass der Kriegsaufmarsch hier und jetzt beginnt, auch wenn der nächste Gegner noch gar nicht feststeht.



Jahr 2005, 210x180 cm, Acryl auf HDF
Parade der Bauernopfer
Viele Staaten veranstalten Jubelfeiern, um so ihre politischen Führer zu loben und ihre militärische Stärke zu demonstrieren. Besonders vor und nach Kriegen sind diese Militärparaden ein beliebtes Mittel, die Menschen auf die Nation einzuschwören und Tod und Verletzungen vergessen zu machen.

Meist in vorderer Reihe marschieren stolz die mit Orden behangenen Kriegsveteranen und grüßen freundlich die Befehlshaber auf der Ehrentribüne. Doch die Kriegskrüppel im Rollstuhl ohne Beine oder die deren Arme nur noch Stümpfe sind, wird man bei diesem Aufmarsch vergeblich suchen. Sie sind unerwünscht, denn ihre Anwesenheit könnte das Bild vom sauberen Krieg der starken und unverwundbaren Soldaten beschädigen.

Man mag auch keine trauernden Witwen, weinenden Mütter und Kriegswaisen am Straßenrand. Die, die einmal an den guten Krieg glaubten, bis sie eines besseren belehrt wurden, sollten gefälligst zu Hause bleiben und ihr Wissen für sich behalten. Und dass die Toten nicht wieder aufstehen und ihre Erfahrungen mitteilen können, ist auch sicher.

Daher kommt die Wahrheit über den Krieg selten zu Wort.

Nur sehr selten, wenn die Regierung die Opferzahlen nicht mehr leugnen kann und die Vermisstenzahlen täglich steigen, wächst der Widerstand in der Bevölkerung und die im Bild dargestellte Szene wird real.

So war es damals bei den Demos gegen den Vietnam-Krieg und so kommt es heute zur Kriegsunlust am Irak-Krieg.

Doch das Regime will die Meinung der Opfer nicht hören und geht, wie im Bild unten links zu sehen, mit Polizeigewalt und Gummiknüppeln gegen die Demonstranten vor.



Jahr 2005, 180x210 cm, Acryl auf HDF
Rassismus ist echter Müll
Wer die Stadt Hebron besucht und sich umsieht, wird durch Straßen kommen, die voller Müllhaufen liegen. In diesen Wohngebieten leben Israelis und Palästinenser Haus an Haus. Aber von guter Nachbarschaft kann keine Rede sein. Die meist illegalen israelischen Siedler kippen ihren Müll einfach vor die Haustüren der Palästinenser, oder schmeißen ihn von ihren höher gelegenen Wohnungen auf die Straße. So wird der ganz normale Hausabfall zu einer Waffe, mit der man auf die ungeliebten Nachbarn losgeht. Um sich vor diesen Müllattacken der Israelis zu schützen, haben die Palästinenser Metallnetze über den Straßen gespannt, in denen der Müll über ihren Köpfen aufgefangen wird.

Viele Straßenzüge werden vom israelischen Militär kontrolliert, doch das kümmert sich nur um den Schutz der Israelis und übersieht großzügig die Attacken und Demütigungen, die ihre Landsleute den alteingesessenen Palästinensern zufügen. Man ist sich einig und will diese Leute weg haben. Denn in ihren nationalistischen Augen sind sie nichts anderes als Müll.

Die wenigen Palästinenser, die noch nicht aus ihrem Viertel vertrieben wurden und die Diskriminierung weiter aushalten, schleichen sich geduckt an den Häuserwänden der leeren Straßen entlang. Vorbei an Checkpoints und über Hinterhöfe hin in ihre vergitterten Wohnungen. Auf ihren Wegen sehen sie an den Hauswänden viele Graffitis mit den Worten: „Tötet Araber“ und andere rassistische Symbole und Schmierereien, die kein Mensch entfernt.

Dieses ganze menschenverachtende Verhalten der israelischen Siedler und der Besatzungsmacht Israel ist nichts anderes als Rassismus und gehört wirklich auf die Müllkippe.



Jahr 2007, 220x240 cm, Acryl auf HDF
Tor für Palästina !
Diesen Ausruf eines Reporters wird es bei der Fußball WM 2006 nicht geben. Nicht, weil Palästina keine Nationalmannschaft hätte, sondern weil die Trainingsbedingungen und Spielmöglichkeiten durch die israelische Besatzung so erschwert sind, dass ein ordentlicher Spielbetrieb in diesem wohl größten Gefängnis der Welt nicht stattfinden kann.

So war das Fußballspielen in den Autonomiegebieten bis vor wenigen Jahren gänzlich verboten. Die Heimspiele zur Qualifikation durften nicht auf palästinensischem Boden stattfinden, sonder mussten in Katar ausgetragen werden. Das Nationalteam wurde in der ganzen Welt zusammengesucht, da man in Gaza und Westbank nicht genügend junge, qualifizierte Fußballspieler finden konnte. Oft bekamen die Spieler aus den Autonomiegebieten keine Ausreisegenehmigung und den Exilpalästinensern wurde die Einreise zum gemeinsamen Trainingslager von den Israelis verweigert.

Und doch konnte diese Mannschaft - trotz der Mauern und errichteten Barrieren - Tore schießen und hätte sich um ein Haar für die WM 2006 in Deutschland qualifiziert.

Doch der größte Erfolg wäre auch nicht die Fußballweltmeisterschaft zu gewinnen, sondern den Torwart am Grenzübergang zu besiegen - darin sind sich die Spieler einig.



Jahr 2006, 100x120 cm, Acryl auf HDF
„… und nächstes Jahr schauen wir uns Basra an“
Dieser Spruch hört sich nach einer Urlaubsplanung an und um das Thema Tourismus geht es auch in diesem Bild.

Die Sehnsucht nach fernen Ländern, anders aussehenden Menschen, fremden Kulturen, Sonne und das Bedürfnis, sich wohl zu fühlen. Neugier und Erlebnishunger treiben dabei manch seltsame Blüten hervor.

Denn nicht nur Touristen haben Bedürfnisse, sondern auch die Menschen der Reiseländer haben ihre Wünsche, die sie hoffen, mit dem Geld der Durchreisenden erfüllen zu können. Deshalb versuchen sie alles mögliche an den Mann zu bringen und zu Geld zu machen.

Manchmal kommt es einem jedoch so vor, als ob Geschichte verhökert wird und zu einem profanen Konsumartikel mutiert. Die Jagd nach dem besonderen Urlaubserlebnis macht vor nichts halt und so fährt der Bus in der oberen linken Bildseite die Touristen in Kambodscha zu den Killing Fields.

Rund um das Massengrab ist schon viel Betrieb. Die Sonnenschirme sind aufgespannt und die erste Busladung Touristen hat es sich in den aufgestellten Liegestühlen bereits gemütlich gemacht. Sie haben sich am Ort eine Portion Pommes Frites gekauft und genießen gerade ihren Logenblick auf das Massengrab in der linken Bildseite. Die Skelette sind säuberlich freigelegt und in einigen Schädeln sieht man die Einschusslöcher der Kugeln. Der Fremdenführer erzählt seinen Kunden, dass damals in der Pol Pot Ära 4 Millionen Kambodschaner ermordet worden sind. Auch die Angehörigen seiner Familie liegen hier und in anderen Gräbern, die auf den nächsten Etappen der Tagestour besucht werden.

Einige Touristen finden den Ausflug so interessant, dass sie beschließen, im nächsten Jahr nach Basra im Irak zu fliegen – da gab es auch einen großen Krieg mit vielen 100.000 Toten.



Jahr 2003, 230x210 cm, Acryl auf HDF
Unser Trauzeuge ist der Krieg
Kanonenboote patrouillieren an der Küste vor Tel Aviv. Der Staat Israel führt gerade einen Krieg mit dem Libanon und niemand weiß, wie lange die Kämpfe andauern werden.

Die Bevölkerung ist sehr verunsichert und viele Menschen fliehen vor den einschlagenden Raketen im Norden Israels ins Landesinnere. Die Regierung ruft zu Ruhe und Gelassenheit auf und versucht durch gezielte Maßnahmen, die Moral und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken.

Findige Geschäftsleute haben zu einer Massenhochzeit am Strand von Tel Aviv aufgerufen und veranstalten ein Medienspektakel. Jedes heiratswillige Paar darf zur Trauung 100 Gäste einladen und die Sponsoren tragen alle Kosten der Hochzeitsfeier. Für diese Inszenierung hat man jedem Brautpaar eine Chupah am Strand errichtet. Das ist ein mit Blumen geschmückter Hochzeitsbaldachin, der ein neues geschütztes Haus symbolisiert.

Obwohl die Nachrichten etwas ganz anderes sagen, feiert diese aufgezogene Gesellschaft schon den Sieg und ihre gesicherte Zukunft.

Nur die ganze vorgegaukelte Sicherheit ist so vergänglich wie die verstreuten Rosenblätter am Strand – niemand weiß, ob er oder sein Haus den Krieg heil übersteht.



Jahr 2005, 100x230 cm, Acryl auf HDF
Was der Krieg erlaubt
Auf die oberen Etagen sind Bomben gefallen und haben die Wohn- und Geschäftshäuser in Schutt und Asche gelegt. Überall liegen eingefallene Häuserwände, Haushaltsgegenstände und Glassplitter herum. Es stinkt wie auf einer brennenden Müllkippe. Aus den Trümmern ragen bizarr verbogene Stahlträger und warten auf fleißige Hände, die sie ausreißen und zum Schrottplatz tragen.

Die bei den Bombenangriffen Getöteten wurden in Särge gepackt und in einer Reihe an die ehemalige Hauptstraße gestellt. Diese Sargkette scheint das einzig Geordnete zu sein in all dem Chaos drumherum.

Aus den unteren Etagen und Kellern einiger stehengebliebener Gebäude erklingt Musik und manchmal lautes Lachen. Wie bei allen Kriegen gibt es auch hier im Libanon nicht nur Verlierer, Überlebende und Tote. Einige Geschäftsleute haben durch den Krieg sehr gut verdient und feiern schon die Folgeaufträge, die der Wiederaufbau ihnen verschaffen wird. Ausgelassen trinken die Kriegsgewinnler in den Kellergewölben auf ihre Erfolge und lassen die Puppen tanzen.

Was oben auf der Straße passiert, interessiert sie wenig – es sei denn, ein Trümmerteil versperrt ihnen die Weiterfahrt in ihren frisch importierten Cabrios.



Jahr 2006, 220x240 cm, Acryl auf HDF
Wenn der Krieg mal Pause macht
… können die Überlebenden kurz aufatmen und kommen aus den Trümmern heraus ans Tageslicht. Doch zum Ausruhen ist nicht viel Zeit, denn niemand weiß, wie lange die Kampfpause dauert und man muss die Zeit nutzen, um sich mit Wasser und Nahrungsmitteln einzudecken. Auch die Verwundeten können jetzt eingesammelt und versorgt werden.

Aber es ist auch die Zeit, in der die Menschen mal wieder das tun können, was sie vor dem Krieg gemacht haben. Die Zeit zum miteinander reden und auch lieben und einige nutzen die günstige Stunde, um zu heiraten und ein Fest zu feiern.

Für die Kinder ist es die Zeit, mal wieder zu spielen und Spaß zu haben.

So ist es gar nichts Besonderes, dass in den Stunden der Kriegspause das normale Leben ins Kampfgebiet zurückkehrt. Und vielleicht sogar viel intensiver ausgelebt wird, als in anderen Gegenden der Erde – denn die Menschen hier wissen genau, dass ihr Tag manchmal nur 1 oder 2 Stunden hat und diese müssen sie nutzen, um zu überleben – jeder wie er es gerade braucht.



Jahr 2005, 100x120 cm, Acryl auf HDF
Wir üben nur, wir töten doch nicht
Wir üben nur, wir töten doch nicht. Ein Satz, den Soldaten benutzen könnten, um Zivilisten und auch sich selbst den Unterschied zwischen Kampftraining und Kriegshandlung zu erklären. Sie meinen, das ist doch gar nicht so schlimm, wenn sie auf Pappfiguren schießen.

Als außenstehender Beobachter kann man jedoch nicht zwischen Übung, Spiel und Ernst unterscheiden. Es sei denn, es wird einem gesagt. Bewegungsabläufe und Aggressionen sind identisch. Vielleicht fehlen ja der Verwesungsgeruch und die Schreie der Verwundeten. Aber auch solche Kulissen werden simuliert. Auch schreiende Frauen und weinende Kinder.

Wir dürfen nicht vergessen, dass das ganze Treiben der Abhärtung und Abstumpfung dient, so dass der Soldat am Ende selbst nicht mehr zwischen Übung und Ernstfall unterscheiden muss und kann. Die Frage ist doch, wann beginnt der Krieg – wenn das erste Blut fließt und zerfetzte Körper herumliegen? Oder ist er schon da, wenn die Tötungsabsicht im Kopf eingepflanzt ist und die Handlungen der Menschen steuert?

Im Bildvordergrund erkennen wir zwei US-Soldaten, die auf Feindbilder schießen. Die Figuren sind durch ihre traditionelle Kleidung als Muslime auszumachen.

Nach der Übung wurden die zwei Soldaten in den Irak abkommandiert.


Jahr 2004, 180x140 cm, Acryl auf HDF